Die Demokratisierung der Architektur
Crowdsourcing:
Von Johann FüllerBürger profitieren durch Social Media, die Industrie durch "Open Innovation", die Politik durch "Open Government". Die Architektur dagegen - ganz gleich, ob es sich um private oder öffentliche Räume handelt - ist immer noch ein abgeschlossener Raum. "Open Architecture" findet kaum statt: Architekten planen, entwerfen und zeichnen nach wie vor im Geheimen. Die Branche und die Öffentlichkeit könnten erheblich profitieren, wenn sich die Architektur öffnen würde. Am Ende würde interessantere Bauwerke stehen - und eine Demokratisierung der Architektur.
Die derzeitige Praxis hat eine Reihe von Nachteilen:
- Was ist mit den Nutzern? Sollte die Öffentlichkeit nicht beteiligt werden, wenn es um die Gestaltung des öffentlichen Raumes geht? Bei Großbauprojekten findet Bürgerbeteiligung kaum statt. Das sorgt für Verärgerung und Frustration. Oftmals schaukeln sich die Konflikte hoch, bis es zum Eklat kommt.
Stuttgart 21 zeigt exemplarisch, welche Konsequenzen die mangelnde Beteiligung der Bevölkerung bei der Planung eines öffentlichen Projektes haben kann. Statt die Bürger vor dem Bau des Stuttgarter Bahnhofes zu integrieren und in einen Dialog einzubeziehen, blieb diesen nur die Alternative: Stuttgart 21 annehmen oder sich dem Protest gegen den Tiefbahnhof anschließen. Unzufriedenheit und der unerfüllte Wunsch nach Mitsprache führten zu Eskalation, Verzögerungen und zusätzlichen Kosten.
- Was sind die Anforderungen an den Bau, an die Architektur? Neben fortschrittlicher Ästhetik sind das zweifelsfrei Funktionalität und Kunst. Wer kann alleine bestimmen, was Ästhetik ausmacht? Gibt es eine allgemeingültige Vorstellung von Funktionalität? Häuslebauer sind auf die Ideen und Konzeptionen des Architekten oder die Formate von Fertighäusern angewiesen. Unbegrenzte Möglichkeiten? Meist ist das nicht der Fall.
- Der Architekt hat das alleinige Sagen - und trägt zudem noch die Verantwortung für das Projekt. Die einzelnen Projektschritte sind in höchstem Maße voneinander abhängig. Fällt einer aus, kommt es zu Verzögerungen. Es mag von Vorteil sein, wenn eine Person allein die Zügel in den Händen hält. Doch das kann dazu führen, dass bestimmte Wünsche vernachlässigt, Anforderungen gar nicht berücksichtigt werden und notwendiges Detailwissen fehlt. Das Bauwerk wird zwar dem Geschmack und den Anforderungen des Architekten entspricht. Das gilt nicht unbedingt für die späteren Nutzer.
Dennoch finden Architekturwettbewerbe heute weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Sie bieten kaum Möglichkeiten der Partizipation. Die nicht öffentliche Tagung der Jury macht es für Außenstehende nahezu unmöglich, die Entscheidungen nachzuvollziehen. Das gilt übrigens auch für die teilnehmenden Architekten.
All das müsste nicht sein. Die Beteiligung der Vielen kann wertvoll sein, wenn sie kanalisiert und gesteuert wird.
- Seite 1: Die Demokratisierung der Architektur
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