ANDREW CAMPBELL, MICHAEL GOOLD und MARCUS ALEXANDER sind Direktoren am Londoner Ashridge Strategic Management Centre, einem Forschungszentrum, das sich mit dem Management von Mischkonzernen befaßt. Zusammen schrieben sie das Buch „Corporate-Level Strategy: Creating Value in the Multibusiness Company“ (John Wiley and Sons 1994).
Wenn sich Konzernchefs heute vornehmen, eine konzernweite Strategie zu stemmen, denken die meisten von ihnen nicht daran, sich mit zwei entscheidenden Fragen zu befassen: 1. Welche Firmen sollte ihre Gesellschaft und nicht die Konkurrenz besitzen und aus welchem Grunde? 2. Und welche betrieblichen Strukturen, Führungsmethoden und Unternehmensphilosophie wird bei den Firmen unterm eigenen Dach eine überragende Leistung begünstigen? Wir behaupten nicht, daß die Konzerngewaltigen diesen Fragen bewußt ausweichen oder sie gar ignorieren. Es fehlt ihnen für diese Aufgabe schlicht an Mitteln und Verfahren. Die meisten Planungsprozesse sind eher auf die Entwicklung von Strategien auf der Ebene der einzelnen Unternehmen denn des Konzerns ausgerichtet. Und noch wichtiger: Die von den Strategieplanern auf Konzernebene gewöhnlich angewandten Werkzeuge haben sich als ungeeignet oder unpraktikabel erwiesen. So wurde die Wachstums-/Marktanteils-Matrix, eingeführt in den 70er Jahren, in nur einem Jahrzehnt von zwei Dritteln aller Unternehmen in den USA eingesetzt. Sie veranlaßte die Unternehmen dazu, ihre Firmenportfolios auszubalancieren mit einer Mischung aus höchst glanzvollen, sehr ertragsstarken und potentiell erfolgreichen Geschäften. Doch die schwache Leistung der Muttergesellschaften, die bei ihrem Portfoliomanagement nach dieser Methode vorgingen, und die große Enttäuschung über die vorgenommenen Diversifizierungen haben allseits gewirkt und ließen nur eine Handvoll Konzerne zurück, die den Ansatz weiterhin verwenden. Dagegen haben in den vergangenen fünf bis zehn Jahren mehr und mehr Großunternehmen versucht, sich wieder stärker auf ihr traditionelles Geschäft zu verlegen, wie es 1982 zuerst Tom Peters und Bob Waterman in ihrem Weltbestseller „In Search of Excellence“ 1982 angeraten hatten. Entsprechend wurden Firmen wieder abgestoßen, die man zwecks Diversifikation erworben hatte, um sich statt dessen auf die eigenen Kerngeschäfte zu konzentrieren. Man schlug eine strategische Richtung ein, die vom Kernkompetenzkonzept gewiesen worden war (siehe Prahalad/Hamel 1991). Danach sollten Muttergesellschaften ihre Firmenportfolios um gemeinsame technische oder operative Kompetenzen herum aufbauen und zugleich Strukturen und Verfahren entwickeln, die ihre Kernkompetenzen erweitern. So eindrucksvoll das Kernkompetenzkonzept auch ist, es hat keinerlei praktische Richtlinien zur Entwicklung einer Strategie für das gesamte Unternehmen geliefert. Viele Unternehmen haben versucht, ihre Kernkompetenzen zu definieren. Aber da ihnen verläßliche Analyseinstrumente fehlten, konnten nur wenige die Klarheit erlangen, die sie sich wünschten. Darüber hinaus erklärt das Kernkompetenzmodell nicht den Erfolg solcher Unternehmen wie ABB (Asea Brown Boveri), BTR, Emerson Electric, General Electric, Hanson oder Kohlberg Kravis Roberts, bei denen sich die Tätigkeiten der Tochterfirmen nur in begrenztem Ausmaß technisch oder operativ überschneiden. Der begriffliche Bezugsrahmen, den wir vorschlagen - Parenting Advantage - füllt die Lücken, die das Kernkompetenzkonzept aufweist. Es stellt einerseits ein klares konzeptionelles System dar und sorgt andererseits für die Instrumente, die für einen wirkungsvollen Planungsprozeß auf Konzernebene benötigt werden. Auf der Untersuchung einiger diversifizierter Unternehmen beruhend, die weltweit am erfolgreichsten sind, wurzelt das Modell des Parenting Advantage in den Lehren zur Wettbewerbsstrategie. Mischkonzerne vereinigen unter dem Dach einer Stammorganisation Unternehmen, die potentiell auch selbständig agieren könnten. Aber Muttergesellschaften können ihre Existenz nur dann Ökonomisch rechtfertigen, wenn sie mit ihrem Einfluß auf die Tochterfirmen wertschaffend wirken. Dies geschieht immer dann, wenn die Dachorganisation zum Beispiel Pläne und Etats der einzelnen Töchter aufbessern kann, bessere Verbindungen zwischen ihnen